Stadtgespräch

"Stricken ist nicht nur Norwegerpullis und Omasocken – da kann's durchaus mal freizügig werden!"

Sophie Frank im Interview

Vom Bordservice in die Strick-Community: Früher war die Wiener Strick-Influencerin Sophie Frank Flugbegleiterin, heute inspiriert sie auf Instagram Tausende mit ihrem Kanal bitte.mach.das. Ihre Events heißen „Needles and Crime“ oder „Stricknick“ und vereinen nicht nur Sophies Liebe zu Maschen und Mordfällen, sondern auch eine bunte Strick-Community. Im Gespräch erzählt sie, warum Gemeinschaft beim Stricken so wichtig ist – und wie Fehler zum schönsten Teil eines Projekts werden können.

Sophie Frank Portrait
Du hast auf Instagram den Kanal @bitte.mach.das ins Leben gerufen. Dort zeigst du deine Strickprojekte und lässt deine FollowerInnen an deinen Events teilhaben. Wie bist du zum Nähen und Stricken gekommen – was war der Moment, in dem du wusstest: Das ist meine Kreativsprache?

Sophie Frank: Also richtig gestartet hat alles während des Lockdowns. Mein Sohn war damals gerad einen Monat alt, ich war daher viel mit dem Mamasein beschäftigt und hatte einfach das Bedürfnis etwas für mich selbst zu machen. Es sollte nichts mit Business zu tun haben, nichts mit Kindersachen, sondern wirklich mal für mich. Da bin ich in diese Instagram-Bubble reingerutscht, wo so viele coole Frauen ihre Kleidung selbst hergestellt oder Schnittmuster designt haben und so habe ich begonnen zu stricken – und bis heute nicht mehr aufgehört (lacht). Zu dem Zeitpunkt war der große Strick-Boom noch gar nicht so präsent wie heute. Ich wollte mein neues Hobby aber nicht nur alleine genießen, sondern auch anderen zeigen, dass Stricken nicht nur Norwegerpullis und Omas alte Socken sind. Es kann durchaus auch mal freizügiger sein, wie ein kleines Kleid. Als ich begonnen habe alles auf meinem Instagram-Kanal zu zeigen, war ich, glaube ich, so ziemlich eine der Ersten im deutschsprachigen Raum.

Ich habe gelesen, dass du als Flugbegleiterin gearbeitet hast, bevor du dich kreativ neu orientiert hast – kannst du erzählen, wie dieser Wechsel verlief?
Einen wirklichen Wechsel gab es eigentlich nie, ich habe zwar meinen Job als Flugbegleiterin beendet, aber ich hatte auch schon auf meinen Flügen immer Nadeln und Garn dabei – das passt ja zum Glück in jede Tasche.

Sophie Frank PortraitDu bist bekannt und beliebt für deine Strick-Events im Kino. Wie bist du denn auf diese witzige Idee gekommen? War das eine spontane Inspiration oder ein bewusster Versuch, Stricken als soziales Erlebnis neu zu denken?
Stricken ist etwas, das sehr gut alleine geht, aber das man nicht immer alleine machen muss. Das ist auch ein sehr nettes Gruppen-Hobby und Community-Building war mir bei diesem Projekt einfach ein großes Anliegen. Ich wollte einen Ort schaffen, an dem sich Hobby-StrickerInnen austauschen und vernetzen können.
Ich habe schon mitbekommen, dass durch die Events richtig enge Freundschaften entstanden sind. Das freut mich immer besonders. Es macht halt oft vieles mit einer anderen Person gemeinsam mehr Spaß, auch wenn’s nur drum geht wo man seine Wolle shoppen geht. Und warum ich mit den Strick-Events im Kino gestartet habe, lag vor allem daran, dass ich mitbekommen habe, dass sich die Leute oft gescheut haben zu den anderen Events zu kommen, weil sie dort niemanden kennen. Das liegt glaube ich vor allem daran, dass Stricken oft ein Hobby von introvertierten Personen ist. Dann habe ich mir überlegt, ok wie kann man ein Strick-Event machen, bei dem man in Gemeinschaft ist, ohne jemanden ansprechen zu müssen? Und das ist halt im Kino. Das Gemeinschaftsgefühl ist da, weil alle das Gleiche machen und denselben Film anschauen, aber keiner hat das Gefühl, dass er jetzt unbedingt ein Gespräch starten muss. Und wer doch redseliger ist, hat immer die Möglichkeit sich eineinhalb Stunden vor dem Film im Foyer oder dem Gastgarten des Admiralkinos zu setzen und dort schon mal zu stricken und mit andern zu plaudern.

Sophie Frank Needles and Crime Event
Bei Sophies Event-Reihe "Needles and Crime" wird im Kino gestricktund Krimis geschaut.
Es gibt ja in Wien mittlerweile ziemlich viele Strick-Events, auch in anderen Kinos. Deines ist aber ein bisschen anders. Erzähl uns mal warum!
Haha, ja das stimmt, es gibt einen großen Unterschied: bei mir wird keine Rom-Com geschaut! Ich bin ja eine wirklich große True-Crime-Podcast-Hörerin und somit auch sehr krimibegeistert! Deshalb habe ich dem Admiral-Kino vorgeschlagen während des Strickens Krimis abzuspielen – und zwar aus allen möglichen Epochen. Das ist supercool, weil dadurch wirklich ein breites Publikum vorbeikommt, von jung bis alt. Ja und so ist eben mein Event „Needles and Crime“ entstanden, auf das ich sehr stolz bin.

Das kannst du auch sein, ist eine tolle Idee. Für unsere LeserInnen, die noch nie bei einem deiner Events waren, aber denen jetzt schon die Fingerspitzen kribbeln: Wie läuft ein Needles and Crime Event denn ab?
Also meistens ist es so, dass jeder sein eigenes Strick-Projekt mitbringt – egal, ob ganz neu oder schon fortgeschritten. Dann strickt jeder vor sich hin und schaut dabei den Krimi an. Ich biete aber immer an, dass man kurz aufzeigen kann, wenn man mal irgendwo nicht weiterkommt und dann helfe ich. Weil nichts ist nerviger, als dazusitzen und nicht weiterzukommen.

Du hast sicher beobachtet, wie sich Handarbeit in den letzten Jahren verändert hat – wie nimmst du den aktuellen Strick-Boom wahr? Und warum glaubst du, spricht das Stricken so viele Generationen an?
Also, wenn ich jetzt für meine Eventreihe Needles and Crime spreche, dann vor allem durch die Film-Auswahl. Es werden eben nicht nur Blockbuster gezeigt, sondern auch alte Klassiker, wie Mord im Orientexpress oder Tod auf dem Nil. Und das spricht großartigerweise nicht nur alle Generationen, sondern auch alle Geschlechter an. Also es kommen durchaus auch Männer zum Stricken, das finde ich super!

Sophie Frank Portrait
Im Café frei findet oft das "Stricknick" statt, bei dem gestrickt und gepicknickt wird.
Du machst ja nicht nur im Kino Strick-Events. Wo lässt du sonst noch so die Nadeln tanzen?
Ja genau! In den Sommermonaten mache ich beispielsweise das „Stricknick“ im Café frei in der Thaliastraße. Das ist mein persönlicher Geheimtipp, meine kleine Oase, ich liebe es dort! Es ist von außen eher unscheinbar, aber es hat hinten einen richtigen Garten mit Wiese und Hängesesseln. Da setzen wir uns dann alle ins Gras, breiten unsere Decken aus, dann gibt’s dort die regionalen Leckereien vom Café zum Picknick und es wird gestrickt. Das ist herrlich. Dann gibt’s auch regelmäßig das „Open Knitting“ in wechselnden Locations und letztens hatten wir ein wirklich witziges Event: Da habe ich mich mit zwei anderen Mädels zusammengetan und wir haben eine Veranstaltung auf dem Badeschiff gemacht. Jede/r TeilnehmerIn hat eine kleine Schüssel bekommen, um die Stricksachen reinzulegen und konnte dann beim Stricken baden (lacht). Ich habe auch noch einige spannende Sachen geplant für dieses Jahr, zum Beispiel bin ich im September mit drei meiner Designs bei der Vienna Fashion Week dabei, da bin ich schon sehr aufgeregt. Und ich möchte irgendwann auch noch eine Ausstellung machen, aber das steckt noch in den Kinderschuhen.

Sophie Frank Portrait
Sophie Frank findet: Fehler zu machen gehört beim Stricken dazu – es macht das Projekt interessant!
Du zeigst auf Instagram auch immer mal wieder „Fehler“ bei deinen Kreationen und fängst von vorne an. Was bedeutet dieser Mut zum Fehler für dich?
Haha, ja stimmt. Das finde ich wichtig, weil ich mich selbst lange so schwer damit getan habe. Ich bin eine kleine Perfektionistin und das kann zuweilen ganz schön anstrengend sein. Besonders beim Farben aussuchen, ich habe teilweise fünf bis zehn Mal meine Sachen wieder aufgetrennt, um die Garnfarbe zu wechseln (lacht herzlich). Dann habe ich mir irgendwann mal für eine Jacke selbst eine Challenge gesetzt: Die Farbe, die ich jetzt wähle bleibt bis zum Schluss! Es war schrecklich, sie hat mir so schnell nicht mehr gefallen, aber ich hab’s durchgezogen und siehe da – heute liebe ich diese Jacke heiß und innig. Ich finde Stricken ist eine super Möglichkeit Fehler machen zu dürfen, weil es geht einfach um nichts. Es ist keine OP, es ist Stricken. Man kann es auftrennen, neu anfangen oder man lässt seinen Fehler halt auch mal drin! Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube es ist beim Teppichknüpfen, wo es sogar eine Regel ist, einen Fehler in seine Knüpfarbeit einzubauen.

Lustig! Und was begeistert dich am meisten am Stricken?
Ich glaube am Ende sagen zu können: Das habe ich selbst gemacht. Da ist man einfach so stolz auf sich, das ist ein schönes Gefühl. Außerdem finde ich Stricken auch sehr meditativ. Es ist nachgewiesen, dass die immer gleiche Handbewegung eine entspannende Wirkung hat.

Treibst du dich gern in Wiener Stoff- und Wollgeschäften herum? Hast du ein paar Tipps für gute Adressen?
Mein absolutes Lieblingsgeschäft ist die lille butik im 18. Bezirk. Das Geschäft wird von einer kleinen Familie geführt, die es superschön hergerichtet hat. Die haben sich vor allem auf nordische Marken spezialisiert und bieten wunderschöne Farben und eine grandiose Qualität an.

Sophie Frank Needles and Crime
Wiener Kaffeehäuser inspirieren Sophie am meisten in ihrer Arbeit.
Wie inspiriert dich Wien im Alltag – und gibt es Orte in der Stadt, die du besonders gerne besuchst, wenn du kreative Energie brauchst?
Ich liebe unsere Kaffeehäuser. Ich kann stundenlang in den Kaffeehäusern sitzen, Leute beobachten und stricken (lacht). Aber es ist auch einfach die Atmosphäre von Wien. Ich liebe Wien.

Wenn du eine Botschaft an Menschen senden könntest, die noch nie genäht oder gestrickt haben, aber neugierig sind – was würdest du ihnen mitgeben?
Dass man sich einfach nur trauen braucht. Es einfach mal ausprobieren. Und lieber mit etwas anfangen, das man gerne machen möchte, anstatt mit einem Schal. Weil mit einem Schal strickt man sich zu Tode. Viele denken das ist einfach, aber es dauert ewig und ist superlangweilig. Man kann sich einfach eine YouTube-Anleitung anschauen und daran entlanghangeln. Am Ende sind es immer die gleichen Bausteine. Wenn du eine Haube stricken kannst, kannst du einen Pulli auch stricken. Du hast linke Maschen, du hast rechte Maschen, du hast zwei verschiedene Zunahmen, zwei verschiedene Abnahmen. Aus. Das ist es. Wenn man das mal behirnt hat, dann kann man alles machen.

Sophie Frank Portrait
Sophies Tipp: Um mit dem Stricken zu beginnen, muss man sich einfach nur trauen – und nein, ein Schal ist keine gute Wahl als erstes Projekt ;-)
Zum Abschluss: Wenn du ein Garn oder eine Stricktechnik wärst, welche/r wäre das und warum?

Ich glaube ich wäre eine ganz klassische Merinowolle. Die ist weich, man kann damit alles machen, sie ist pflegeleicht, man kann sie theoretisch in die Waschmaschine geben, es gibt sie in tollen Farben, man kann sie als Kleid oder als Pulli verstricken, man kann sie mit anderen Garnen kombinieren. Ich finde, das ist eine tolle Wolle.


 

 

Interview: Justine Lepoix

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BISHER ERSCHIENEN

Sophie Frank, Strick-Queen

Seh-Ra Klepits, Gründerin Gibun Tea

Isabell Claus, Gründerin thinkers.ai

Sandra Scheidl, Köchin

Marlene Kelnreiter, Käsemacherin

Doris Pulker-Rohrhofer, Geschäftsführerin Hafen Wien

Lisz Hirn, Philosophin und Publizistin

Carla Lo, Landschaftsarchitektin

Ulli Gladik, Dokumentarfilmemacherin

Katharina Rogenhofer, Sprecherin Klimavolksbegehren

Barbara van Melle, Slow Food-Botschafterin

Ilse Dippmann, Frauenlauf-Gründerin

Clara Luzia, Singer-Songwriterin

May-Britt Alróe-Fischer, Leiterin des Modepalast

Anita Zieher, Schauspielerin & Theatermacherin

Clara Akinyosoye, Chefredakteurin "fresh"

Elis Fischer, Krimi-Autorin

Cecily Corti, Obfrau von VinziRast

Barbara Glück,
Leiterin KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Ingrid Mack, Erotikfachfrau und Besitzerin von "Liebenswert"

Petra Jens, Fußgängerbeauftragte

Ursula Kermer, Gründerin Muu-Design

Nathalie Pernstich, "Babette's"-Inhaberin & Gewürzpäpstin

Stefanie Oberlechner, Donau-Schiffskapitänin

Christine Kintisch, ehemalige Leiterin der BAWAG Contemporary

Anette Beaufays, Leiterin der Art for Art Kostümwerkstätte

Annemarie Harant, Gründerin der "Erdbeerwoche"

Ulli Schmidt, Geschäftsführerin der Wiener Tafel

Kathi Macheiner, Mode-Designerin "sixxa"

Nuschin Vossoughi,
Chefin Theater am Spittelberg

Claudia Krist-Dungl, Geschäftsführerin des Dungl Zentrums Wien

Andrea Brem, Chefin der Frauenhäuser Wien

Christina Zurbrügg, Jodlerin

Gabriele Schor,
Leiterin Sammlung Verbund

Frenzi Rigling, Künstlerin

Elisabeth Gürtler, Sacher-Chefin

Margot Schindler, Direktorin des Volkskundemuseums

Friederike Range, Wolfsforscherin

Mercedes Echerer, Schauspielerin

Verena Forstinger, Hoteldirektorin "Style Hotel Radisson"

Karin Troschke, Papierrestauratorin

Gabriele Gottwald-Nathaniel, Leiterin von "gabarage" und Kalksburg

Rahel Jahoda, Therapeutin bei intakt, dem Zentrum für Ess-Störungen

Lisa Muhr, Mode-Designerin "Göttin des Glücks"

Aslihan Atayol, Schmuck-Designerin

Beatrix Patzak, Direktorin des Pathologischen Museums

Lama Palmo, buddhistische Priesterin

Elke Krasny, Stadtforscherin

Ingrid Erb, Bühnen- und Kostümbildnerin

Jutta Ambrositsch, Winzerin in Wien

Monika Buttinger, Designerin "Zojas"

Ketevan Sepashvili, Pianistin