Twin City Bratislava
Gleich ums Eck von Wien liegt die nächste Hauptstadt. Und die hat sich in den letzten Jahren von der grauen Maus zu einem Schmuckstück gewandelt: mit einer fein renovierten Altstadt, netten Shops und originellen Restaurants. Die StadtSpionin hat sich in Bratislava umgeschaut und die besten Tipps mitgebracht.
Jedesmal das Gleiche! Wann immer die StadtSpionin auf einen Kaffee nach Bratislava fährt, kommt sie ungeplant mit einem Einkaufssackerl zurück. Zwar ist die Stadt seit Einführung des Euros bei weitem nicht mehr so günstig wie früher, aber man findet immer wieder Stücke, die es bei uns so nicht gibt. Letzte Errungenschaft: ein extrem breiter Armreif aus Hotelsilber, graviert mit uralten, abstrakten slowakischen Mustern – für nur 20 Euro. Schätze wie diese findet man bei Ul’uv, einer slowakischen Institution. Der Verein Ul’uv sorgt im Auftrag des Kulturministeriums dafür, dass das reiche slowakische Kunsthandwerkserbe nicht verkitscht wird, dass die alten Handwerkstechniken erhalten bleiben – und dass auch junge Designer sich mit traditionellen Materialien auseinandersetzen. Zu kaufen gibt es die schönen Produkte – von Blaudruck-Stoffen und Stickereien über Porzellan, Drahtkörbe, Holzbesteck, Horn-Accessoires und Schmuck in mehreren Ul’uv-Shops in der Stadt. Der größte befindet sich in einem wunderschön restaurierten Handwerkshof in der Obchodna 64. Im Ul’uv Design Studio in der Dobrovicova kann man sehen, wie junge Designer die Tradition modern interpretieren.
Wer nach Bratislava fährt, sollte das Auto zuhause lassen. Der gesamte Innenraum der Stadt ist gebührenpflichtige Parkzone, die (empfehlenswerten) bewachten Parkplätze sind noch teurer. Am schicksten ist die Anreise natürlich mit dem Twin City Liner, der vom Schwedenplatz bis direkt in die Altstadt von Bratislava fährt (Web). Am praktischsten aber ist die Reise per Zug. Vom Südbahnhof (jetzt: dem Ostbahnhof genannten Rest vom ehemaligen Südbahnhof) fahren mehrfach pro Stunde Züge nach Bratislava Hl.St. – das Hin/ Retour-Ticket der Öbb kostet nur 14 Euro und inkludiert die Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln in Bratislava. Am Hauptbahnhof angekommen steigt man in die Trambahn 13 und lässt sich mitten ins Zentrum chauffieren.
Shopping in Bratislava
Noch vor wenigen Jahren war die Innenstadt von Pressburg eine graue, triste Ödnis. Mittlerweile sind fast alle Häuser und Palais renoviert und die Fußgängerzone hat sich zum Schmuckstück gemausert. Vor allem da die multinationalen Modeketten (bis jetzt zumindest) aus dem Zentrum verbannt wurden. H&M- und Zara-Geschädigte finden in Bratislava die wahrscheinlich einzige Hauptstadt Europas ohne die immer gleichen Schaufenster.
Überhaupt ganz ohne Schaufenster – und auch ohne Beschilderung - kommt Fresh Design aus. Ein Geheim- Tipp – und unbedingt einen Besuch wert. Der kleine Shop befindet sich in der Kunstakademie und füllt quasi den ersten Raum der Uni-eigenen „Galerie Medium“. Zu kaufen gibt es ein buntes Sammelsurium an Design- Objekten, die ausschließlich von Studenten oder slowakischen Jung-Designern stammen. Bunte Taschen des Designer-Duos Vitamin Fashion, witzige Porzellan- Entwürfe (wie Salzstreuer-Frösche) von Martin Bu, T-Shirts und schrillen Modeschmuck. Alles zu höchst erfreulichen Preisen!
Der erste Fair Trade Shop der Stadt nennt sich TenSenses und bietet neben den üblichen fair gehandelten Nahrungsmitteln wie Kaffee, Schokolade und Kakao auch regionale Spezialitäten aus der Slowakei. Im hinterer Raum des nett gestalteten Shops werden Kleider, Röcke und Blusen der Firma Nomad verkauft – und die sind unbedingt einen Abstecher wert!
Apropos Nahrungsmittel: Ganz in der Nähe des Michaelertors (einem Zugang in die Fußgängerzone) findet sich ein neuer Käseladen. Über Treppen steigt man direkt von der Straße in ein mittelalterliches Kellergewölbe hinab und landet bei Cheesy. Verkauft wird hier ausschließlich holländischer Käse, und der Service ist wirklich ungewöhnlich: Man kann von jedem Käse so viel kosten wie man will und bekommt auf Englisch jede Menge Infos dazu.
In Bratislava kann man auch am Sonntag einkaufen. Das liberale Ladenschlussgesetz überlässt es den Shops, wann sie öffnen wollen – und so finden sich vor allem im Zentrum jede Menge Möglichkeiten, auch am Tag des Herrn Geld loszuwerden. Etwa in der Central Passage, einem kleinen, edel renovierten Einkaufszentrum aus der Jugendstil-Zeit. Unter dem gläsernen Dach kann man nobel shoppen (Armani, Gaultier, La Perla, Ferre) und gleich auch noch essen oder Kaffee trinken. Oder im Crazy Design Shop. Der in einem netten Innenhof gelegene Laden führt ausschließlich Dinge, die niemand braucht, aber jeder haben will. Bunt, witzig und stylish ist das Sortiment, das von Geschirr über Taschen bis zu Weckern und Bilderrahmen reicht. Perfekt für Geschenke!
Restaurant-Tipps in Bratislava
Vor 100 Jahren war es chic, mit der Trambahn nach Bratislava zum Kaffeetrinken zu fahren. Da man auch heute mit dem Zug die Hauptstadt der Slowakei in weniger als einer Stunde erreicht, sollten wir diese Tradition wieder aufnehmen! Das erste Kaffeehaus am Platz ist das Cafe Mayer. Der „Demel von Bratislava“ liegt direkt am Hauptplatz, geht auf den k.k. Hoflieferanten Julius Mayer zurück und ist ein elegant-gediegener Hort Wiener Cafehaus-Tradition. Sisis Porträt thront über den Besuchern, die sich in den vielen kleinen Räumen glücklicherweise gut verteilen. Die Torte Mayer schmeckt ziemlich gut, an den echten Demel kommt sie aber nicht ran.
Schräg gegenüber liegt das Schokocafe Maximilian. Das hübsche Jugendstil-Interieur hat sich gut gehalten und erinnert im Erdgeschoss an einen überdimensionalen Spielzeug-Kaufmannsladen. Auf der Galerie sitzt man nett und kann aus einer unglaublichen Vielfalt an heißen Schokoladen wählen. Die werden wie im Mittelmeer-Raum gemacht und erinnern fast schon an Pudding.
Ganz modern kommt das Greentree Cafe daher. Das außerhalb der Fußgängerzone in der Nähe von Ul’uv gelegene Lokal ist hell, freundlich und für ein junges Publikum gedacht. Neben Kaffee und Kuchen gibt es frische, gesunde Säfte – und gratis W-Lan für alle.
Das schickste (und gourmet-technisch höchstdekorierte) Lokal von Bratislava ist eine hochkarätige Designer-Zone. Im Camouflage kann man erstklassig essen (Stil: europäische Gourmet- Küche), im daneben liegenden Café köstliche Eis-Shakes trinken. Das macht man besonders fein des sommers im gestylten Schani-Garten – und sieht dabei den Kolleginnen aus Bratislava beim Flanieren in der Fußgänger- Zone zu. Billig ist das hier nicht, aber günstiger als in Wien kommt der Luxus-Trip allemal.Tipp: Unbedingt die schwarzen Marmor- Toiletten anschauen!
Ebenfalls in der Altstadt findet sich ein neues Lokal, das – um es gleich vorweg zu nehmen – für Vegetarier ziemlich ungeeignet ist. Im Upside Down werden nämlich vor allem Steaks serviert. Mit üblichen Steakhouses hat das allerdings wenig zu tun. Die coole Inneneinrichtung im jahrhundertealten Gewölbe hat eine Jung- Architektin aus Bratislava entworfen, hinter der Bar stapelt sich die beste Whisky-Sammlung des Landes und die Steaks werden eigens aus Argentinien und Irland eingeflogen. Besonders nett: die herzliche (und mehrsprachige) Buben-Crew im Service.
Die typisch slowakische Küche ist in Bratislava nicht wirklich angesagt. Wer auf Spätzle mit Brimsen oder Wildgulasch steht, findet aber im "Pressburg" die entsprechende Hausmannskost. Das Restaurant ist eindeutig für Touristen gedacht (inklusive deutschsprachiger Speisekarte), trotzdem aber nett gemacht. Alte Möbel, alte Fotos an den Wänden, sympahtische Bedienung – und auf Vorbestellung gibt’s Ente oder Gans im Ganzen.
Wer es weniger touristisch mag, wechselt auf die andere Seite der Donau und besucht ein 250 Jahre altes Gasthaus, in dem schon Napoleon abstieg. Die Herberge, die 1894 von einem Herrn Leberfinger übernommen wurde und noch immer seinen Namen trägt, ist nicht nur ein freundliches und hübsch renoviertes Lokal, sondern eine Zeitmaschine. Gekocht wird im Leberfinger nämlich die österreichische (!) Küche von vor 100 Jahren – als jede zweite Köchin in Wien aus Bratislava stammte. Wer also echte Fleisch-Palatschinken, „Loksche mit Fett“ oder leckeres Kalbspörkelt kosten will, muss hier her.
Und zum Schluss: Schlafen in Bratislava
Natürlich braucht man kein Hotel, wenn die Stadt eh nur einen Hupfer von Wien entfernt liegt. Aber das neue Design-Hotel Mama’s ist so nett, dass man einen Kurzurlaub in der slowakischen Hauptstadt doch in Betracht ziehen sollte. Die Zimmer des kleinen Boutique-Hotels sind elegant-raffiniert eingerichtet, von der Dachterasse aus überblickt man die halbe Stadt und das Wellnes-Center bietet immerhin Schwimmbad, Sauna und ein voll ausgestattetes Fitness-Center.
Echt abwechslungsreich geht es im design.hotel21 zu. Jedes Zimmer in dem ebenfalls nicht sehr großen Hotel ist komplett anders eingerichtet. Es empfiehlt sich, vorab einen Blick in die Zimmer zu werfen – da steht schwarzer Neo-Barock genauso zur Wahl wie ein Popart-Zimmer, das originelle Camouflage oder ein Natur-Zimmer. Die Bäder geben sich futuristisch, die Eingangshalle schwankt zwischen weißem Clean-Chic und roten Leder-Sesseln à la Prince Charles. Ziemlich originell!
Von Sabine Maier
Januar 2010
Ul’uv, Obchodna 64, Bratislava. Mo-Fr 10:00 bis18:00, Sa 10:00 bis 14:00 Uhr. Web
Ul’uv Design Studio, Dobrovicova 13, Bratislava. Di-Fr 13:00 bis 18:00, Sa 10:00 bis 14:00. Web
Fresh Design, Galerie Medium, Hviezdoslavovo nam. 18, Bratislava. Di, Do 12:00 bis 19:00, Mi - So 10:00 bis 17:00 Uhr. Web
TenSenses, Klariska 7, Bratislava. Mo-Sa 10:00 bis 20:00, So 12 bis 20:00 Uhr. Web
Cheesy, Bastova ulica 2, Bratislava. So-Do 11:00 bis 19:00, Fr+Sa 11:00 bis 20:00 Uhr. Web
Central Passage, Laurinska 17, Bratislava. Mo-Sa 10:00 bis 20:00, So 12:00 bis 18:00 Uhr. Web
Crazy Design Shop, Panska 13, Bratislava. Mo-Fr 11:30 bis 18:30, Sa 10:30 bis 18:00 Uhr. Web
Cafe Mayer, Hlavne namestie 4, Bratislava. Mo-So 09:30 bis 22:00, Mai – Sept. bis 24:00. Web
Schokocafe Maximilian, Hlavne nam. 6, Bratislava. Mo-So 10:00 bis 19:00 Uhr.
Greentree Cafe, Obchodna 29, Mo-Fr 8:00 bis 20:00, Sa+So 10:00 bis 20:00. Web
Camouflage, Venturska 1, Bratislava. Cafe: Mo-Fr 8:00 bis 1:00, Sa+So 9:00 bis 1:00 Uhr. Web
Upside Down, Laurinska 4, Bratislava. Mo -Fr 8:00 bis 1:00, Sa 11:00 bis 2:00, So 11:00 bis 24:00 Uhr. Web
Pressburg, Michalska 4, Bratislava. Mo-So 10:00 bis 1:00 Uhr. Web
Leberfinger, Viedenska cesta 257, Bratislava. Mo-So 11:00 bis 24:00 Uhr. Web
Mama’s Hotel, Chorvatska 2, Bratislava. Web
Design Hotel 21, Tmavska cesta 74, Bratislava. Web
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